• EZB wird die Zinsen mit der wichtigen September Sitzung senken
  • Neue Anleihekäufe sind vorstellbar
  • Umfangreiche Impulse sind bereits in den Euro eingepreist – der nach der Sitzung steigen könnte
  • EUR/USD Händler erwarten 5 verschiedene Szenarien

Ist das anstehende Konjunkturprogramm bereits in den Euro eingepreist? Das ist die wichtigste Frage für die EUR/USD Trader. Jeder weiß, dass die Europäische Zentralbank die Zinssätze senken wird, aber in welchem Umfang dies geschieht und in wie weit sie sich verpflichtet mehr zu tun und ob auch eine QE zum Tragen kommt, macht den Unterschied. Wir werden 5 Szenarien beleuchten und jedes wird andere Auswirkungen auf das beliebteste Währungspaar der Welt haben.

Warum wird die EZB die Zinsen senken?

Die wirtschaftliche Situation hat sich in den vergangenen Monaten verschlechtert, wie die wirtschaftlichen Daten deutlich zeigen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) hat sich von 0,4 % im ersten Quartal auf 0,2 % im zweiten Quartal verschlechtert. Die Beschäftigung und der Konsum weisen zufriedenstellende Ergebnisse auf, aber dies ist beim verarbeitenden Gewerbe nicht der Fall.

Die Einkaufsmanager Indizes (PMI) liegen seit mehreren Monaten unter der wichtigen Schwelle von 50, welche darüber entscheidet, ob die Aktivität steigt oder abnimmt. Die Probleme haben in Deutschland, der größten Volkswirtschaft der Eurozone, zugenommen und der Produktion PMI liegt nur noch bei 43. Einst war das Land der Wirtschaftsmotor der Eurozone, aber nun zieht es die Region nach unten – im Q2 schrumpfte die Wirtschaft um -0,1%.

Deutscher Produktion PMI:

Deutschland PMIQuelle: FXStreet

Die exportorientierte deutsche Wirtschaft leidet unter dem US-China Handelskrieg, da die chinesischen Importe deutscher Waren fallen. Der deutsche Arbeitsmarkt wird bereits mit einer steigenden Arbeitslosigkeit konfrontiert und hinzu kommt noch ein möglicher No-Deal Brexit. Laut Schätzung können mit diesem 100.000 Arbeitsplätze verlorengehen. Frankreich und andere Länder werden im Zusammenhang mit diesem Szenario ebenfalls auf Schwierigkeiten stoßen.

Deutschland ist nicht nur als größte Volkswirtschaft von Bedeutung, da in Frankfurt auch die EZB Hauptzentrale ist. Grenzüberschreitende Lieferketten führen dazu, dass die Schwäche im Zentrum Europas Auswirkungen auf andere Länder hat, was die Zentralbank bereits verdeutlichte.

Inflation ist und bleibt schwach

Die EZB verfolgt nur ein Ziel und dieses ist die Inflation. Die Bank verfehlt kontinuierlich das Inflationsziel von 2 %. Der Verbraucherpreisindex (CPI) leidet unter den sinkenden Ölpreisen, aber auch der Kern CPI spricht für die schwachen Fundamentaldaten.

Die Bank legt außerdem die mittelfristigen Zinssätze fest und überwacht die Differenz zwischen den nominalen 5-Jahres Anleihen und den inflationsbereinigten Anleihen – 5J/5J Swap. Und dieser Swap signalisiert fallende Preise, was dafür spricht, dass der Markt nicht daran glaubt, dass die EZB ihr Inflationsziel erreicht.

Hier sehen Sie wie die Inflationserwartung gesunken ist (orange Linie):

Eurozone InflationQuelle: Refinitiv Datastream

Ein schwaches Wachstum und gedämpfte Wachstumsprognosen sind für das Verarbeitende Gewerbe ein starkes Warnsignal und hinzu kommen die gedämpfte Inflation und das fehlende Vertrauen in die zukünftige Inflation, wodurch die Erwartungen an Impulse der EZB zunehmen. Bei der letzten Sitzung sagte EZB Präsident Mario Draghi, dass die Bank im September reagieren wird. Das Statement war ein starker Hinweis darauf, dass die Bank die Einlagenzinsen von aktuell -40 Basispunkten aus weiter senken wird und die Tür ist auch für weitere Maßnahmen geöffnet.

Was ist genau eingepreist?

Der EUR/USD erreichte seinen niedrigsten Stand seit 2017, was mit den Erwartungen an ein Konjunkturprogramm zusammenhängt. Die Anleiherenditen vieler Länder liegen bereits im negativen Bereich.

Olli Rehn, Gouverneur der Bank of Finnland hat Mitte August die Erwartungen weiter verstärkt. Er sagte, dass das „Konjunkturpaket der Bank, welches im September angekündigt wird, die Erwartungen der Anleger übertreffen könnte“. Mit dieser Erklärung fiel der Euro.

Andererseits sagten mehrere EZB Hawks wie Jens Weidmann, Sabine Lautenschläger, Klaas Knot und andere, dass die Marktprognosen übertrieben sind.

Laut Prognose wird es zu einer Zinssenkung um 10 Basispunkte kommen, aber 20 Basispunkte sind auch nicht ausgeschlossen. Die Wiederaufnahme einer QE ist für Oktober zu erwarten, was die letzte Sitzung mit Draghi als EZB Präsident sein wird – 90% erwarten, dass die EZB im Oktober eine QE Vorankündigung vornehmen wird. Aber wird die Vorankündigung schon jetzt kommen?

Lassen Sie uns einen Blick auf die Möglichkeiten werfen.

5 EZB Szenarien und EUR/USD Reaktionen

1) Zinssenkung um 10 Basispunkte

In diesem Szenario konnten die EZB Hawks einen übermäßigen Impuls der Zentralbank verhindern. Es wäre auch ein Signal dafür, dass Draghi an Einfluss verliert und das rückläufige Vertrauen in die Fähigkeit der EZB, dass das Inflationsziel erreicht wird, berechtigt ist.

Ein solches Ergebnis wäre für den EUR/USD positiv. Eine Zinssenkung ist schon seit langem eingepreist. Doch ohne eine Verpflichtung noch mehr zu unternehmen, könnte der Euro positiv reagieren.

Die Wahrscheinlichkeit für solch einen Ausgang der EZB Sitzung ist gering.

2) Zinssenkung um 10 Basispunkte und die Verpflichtung mehr zu unternehmen

Sollte es den EZB Hawks gelingen eine größere Zinssenkung zu verhindern, so könnte sich aber bei der Forward Guidance Zugeständnisse machen. Draghi könnte dann versprechen, dass es mit seiner letzten Sitzung im Oktober einen weiteren Impuls gibt.

Die pure Bereitschaft weitere Impulse zu liefern, ohne genaue Hinweise darauf worum es sich handelt, wird den Märkten wahrscheinlich nicht ausreichen, um davon überzeugt zu sein, dass wirklich „alles unternommen wird was nötig ist“. Nach einer anfänglichen Verwirrung kann die Gemeinschaftswährung aus Ungeduld vor dem nächsten Treffen steigen.

Das Szenario „Kauf das Gerücht und Verkaufe die Tatsache“ hat eine hohe Wahrscheinlichkeit.

3) Zinssenkung um 20 Basispunkte

Eine umfangreichere Zinssenkung würde die Erwartungen übertreffen und zeigen, dass die EZB die niedrige Inflation ernst nimmt. Es würde aber auch zeigen, dass Draghi und seine Kollegen sich von der Sorge der Banken um deren Rentabilität nicht beeindrucken lassen. Auch wenn die Senkung mit einem Stufenmodell für einige Banken einhergeht, hat der Euro Spielraum zu fallen.

Der Rückgang des EUR/USD könnte jedoch begrenzt sein, da die Unsicherheit über die Zukunft und die Befürchtung, dass die EZB nichts weiter unternimmt, für Verwirrung sorgen kann.

Dieses Szenario hat eine mittlere Wahrscheinlichkeit.

4) Zinssenkung um 20 Basispunkte und die Verpflichtung mehr zu unternehmen

Wenn die Bank einen erheblichen Impuls verabschiedet und sich auch noch verpflichtet März Unternehmen, werden die Märkte davon ausgehen, dass die EZB sich darauf vorbereitet die Gelddruckmaschine in Betrieb zu nehmen – weitere QE.

Das Szenario hat eine geringe Wahrscheinlichkeit, kann aber für erhebliche Verluste des EUR/USD Sorgen. Einige gehen davon aus, dass eine Verzögerung der QE nur als vorübergehende Maßnahme zu interpretieren ist, damit genügend Zeit besteht, um die Details zu klären.

5) Zinssenkung + QE

Dieses extreme Ergebnis ist sehr unwahrscheinlich, da die EZB wahrscheinlich noch nicht darauf vorbereitet ist die Einzelheiten über ein QE Programm offenzulegen. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, da die Serie negativer Wirtschaftsdaten nicht abreißt. Der Umfang der Deutschen Rezession und die mangelnde Bereitschaft Berlins neue Impulse zu geben, könnte die Anhänger einer lockeren Geldpolitik zunehmen lassen.

Die Ankündigung eines Anleihekaufprogramms kann den Euro in den freien Fall übergehen lassen. Die Auswirkungen eine kleinen QE von 20 Mrd. € würde bereits jede Zinssenkung der QE in den Schatten stellen.

Weitere Überlegungen

Wie bereits erwähnt kann die Bank Zinssenkungen mit Ausnahmen für bestimmte Banken vornehmen. Die Banken müssen bereits dafür zahlen, wenn sie Gelder bei der EZB parken. Dieser Maßnahme soll sie ermutigen Kredite an Haushalte und Unternehmen auszugeben, weil es ihnen schadet, wenn sie es nicht machen. Ein Stufenmodell würde die negativen Auswirkungen einer Zinssenkung verringern. Die Reaktion des Marktes wird sich aber wahrscheinlich auf den Gesamtzins beschränken, während die Details ignoriert werden.

Die Mitarbeiter der EZB erstellen außerdem neue Wachstums- und Inflationsprognosen, welche Draghi mit seiner Pressekonferenz vorstellen wird. Sollte die EZB ihre Politik nicht ändern, werden genau diese Daten dazu führen, dass sich die Märkte bewegen. Diesmal gingen die Prognosen lediglich als Input für Entscheidungshilfen, da die politischen Sprecher mehr Gehör finden als die Prognosen, die für Veränderungen anfällig sind.

Fazit

Die EZB wird am 12. September um 13:45 Uhr eine Zinssenkung und möglicherweise weitere Maßnahmen ankündigen. Anschließend folgt die Pressekonferenz durch EZB Präsident Mario Draghi um 14:30 Uhr.

Der Umfang der Zinssenkung und die Verpflichtung für künftige Impulse und möglicherweise ein neues Anleihekaufprogramm werden darüber entscheiden wie der Euro reagiert. Das wahrscheinlichste Szenario ist ein „Kauf das Gerücht und Verkaufe die Tatsache“, bei dem die EZB die Zinsen nur um zehn Basispunkte senkt und vage Zusagen macht, womit der Euro letztendlich steigt. Es gibt vier weitere Szenarien die sich stark unterscheiden und eine hohe Volatilität auslösen können.

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