Mit 2,47% gegenüber dem Vormonat lag die Verbraucherpreisinflation in der Türkei leicht über dem Median der Analystenerwartungen (2,29%). Unter normalen Umständen würden die Kommentare zur gestrigen Veröffentlichung von TurkStat ähnlich ausfallen. Doch an der Inflation in der Türkei ist nichts normal, so Ulrich Leuchtmann, Leiter FX und Commodity Research bei der Commerzbank.
Lira wertet nominal weiter deutlich ab
„Bei einer so hohen Inflation ist es besonders schwierig, sie zu messen. Die Angabe der Rate auf zwei Nachkommastellen macht daher keinen Sinn. Die offiziellen Zahlen genießen in der Öffentlichkeit wenig Vertrauen. Das Problem ist nur: Wenn TurkStat niedrigere Inflationsraten als in der Vergangenheit meldet, glaubt das niemand, und niedrigere Zahlen ändern das Preissetzungsverhalten nicht. Die Dynamik einer sinkenden Inflation wird behindert“.
„Andererseits: Geht man davon aus, dass die Inflation einigermaßen korrekt gemessen wird, implizieren die Vormonatsraten von rund 2½%, dass die Geldpolitik (mit einem Leitzins von 50%) nun eindeutig restriktiv ist. Es ist also eigentlich Zeit für erste Zinssenkungen. Doch diese Phase ist besonders heikel. Nach der Lira-Krise 2018 hatte die Zentralbank den Leitzins viel zu schnell und viel zu aggressiv gesenkt und damit die Saat für die nächste, noch größere Inflations- und Abwertungswelle gelegt.“
„Das ist noch lange nicht vergessen. Weder bei den Devisenhändlern noch bei denen, die in der Türkei die Preise bestimmen. Die Gefahrenzone ist noch nicht verlassen. Wer unter diesen Umständen von der Lira mehr erwartet als eine Abwertung, die die Preisentwicklung ausblendet, wer sich zum Beispiel fragt, warum die Lira nominal weiter deutlich abwertet, ist viel, viel zu optimistisch.“
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