EZB: Was wurde beschlossen? Wie geht es mit dem Euro weiter?


FXStreet - Die Europäische Zentralbank ( EZB ) hat ihre Geldschleusen am letzten Donnerstag also weiter geöffnet. Mario Draghi und seine Währungshüter haben die Märkte mit einem umfassenden Maßnahmenpaket überrascht und die Euro-Wechselkurse auf eine Berg und Talfahrt geschickt. Was wurde aber genau beschlossen? In den nächsten Zeilen möchte ich euch das jüngste Maßnahmenbündel der außer Kontrolle geratenen Notenbank näher bringen. 
EZB

Beschlossene Maßnahmen im Überblick:

Die Europäische Zentralbank kämpft seit Donnerstag mit neuen Milliarden um mehr Inflation und Wachstum in der Eurozone. In erster Linie schürt der geringe Preisauftrieb Sorgen vor einer anhaltenden Deflation, also einer Abwärtsspirale der Preise. Konsumenten und Unternehmen würden dann in Erwartung weiter sinkender Preise geplante Anschaffungen und Investitionen hinauszögern, was die wackelige Konjunkturerholung im Euroraum abwürgen würde. Mit dem neuen Maßnahmenpaket sollen Banken mehr Darlehen vergeben und so die Wirtschaft ankurbeln.

Zinsen:
  • Die Europäische Zentralbank senkte ihre Hauptrefinanzierungssatz auf 0,00 %. Der Schlüsselsatz für die Versorgung des Bankensystems mit Zentralbankgeld lag seit September 2014 bei 0,05 %.
  • Der Einlagensatz, zu dem Geschäftsbanken bei der EZB kurzfristig überschüssiges Geld parken können, wurde auf -0,40 % gesenkt nach zuvor -0,30 %.
  • Der Spitzenrefinanzierungssatz wurde von 0,25 % auf 0,30 % gesenkt.
Die Banken im Euro-Währungsraum können also noch länger als bisher auf billiges Geld von der Europäischen Zentralbank zählen, aber zur gleichen Zeit wurde der sogenannte Strafzins für die Finanzinstitute erhöht, um das von der EZB geliehene Geld in Form von Krediten an Unternehmen und Konsumenten weiterzugeben. Ob die niedrigeren Refinanzierungskosten dann aber auch wirklich weitergegeben und der Realwirtschaft helfen, bleibt ungewiss.

Anleihenkaufprogramm:
  • Ab April wird die EZB die monatlichen Anleihekäufe ( Expanded asset purchases ) von 60 Milliarden Euro auf 80 Milliarden Euro ausweiten.
  • Die EZB kann nun auch Euro-Unternehmensanleihen mit einem Investmentgrade-Rating kaufen.
Längerfristige Refinanzierungen:
  • Die Europäische Zentralbank legt vier neue Runden ihres Programms für gezielte längerfristige Refinanzierungsoperationen ( TLTRO ) auf. Auch mit diesen Geldern soll die Kreditvergabe an die Realwirtschaft angekurbelt werden. Die neuen TLTROs sollen jeweils eine Laufzeit von vier Jahren besitzen. Allerdings wurden die letzten TLTROs kaum in Anspruch genommen, so dass mit keinem steilen Anstieg bei der Kreditvergabe zu rechnen ist, auch wenn Mario Draghi auf seiner Pressekonferenz erklärte, dass die neuen zielgerichteten Tender attraktiver gestaltet seien.
Warum hat die Europäische Zentralbank reagiert?
draghi

Mario Draghi erklärte auf seiner Pressekonferenz, dass der EZB-Rat auf die „wesentlich veränderten“ Rahmenbedingungen für die globale Weltwirtschaft und an den Finanzmärkten reagiert hat.

Die Europäische Zentralbank dürfte auch in Reaktion auf die niedrigen Inflations- und Wachstumsaussichten reagiert haben. Die Inflations- und Wachstumsaussichten für die Eurozone wurden wie erwartet gesenkt. Für 2016 erwartet die EZB eine Inflation in der Euro-Zone von 0.1 Prozent. Bisher war sie von 1.0 Prozent ausgegangen. Für 2017 sagen die Notenbanker nun eine Teuerungsrate von 1.3 Prozent voraus - nach zuletzt 1.6 Prozent. Für das laufende Jahr erwarten die Notenbanker ein BIP-Wachstum in der Euro-Zone von 1.4 Prozent. Bisher war ein Plus von 1.7 Prozent vorausgesagt worden. 2017 soll das BIP um 1.8 Prozent, 2018 um 1.8 Prozent wachsen.

Nicht zuletzt dürften die aggressiven Maßnahmen der EZB auch darauf zurückzuführen sein, dass die Bank ihre Bereitschaft zum Handeln unterstreichen wollte. Auf dem Treffen im Dezember enttäuschte Mario Draghi die Märkte, als die EZB lediglich ihren Einlagensatz um 10 Basispunkte senkte und das Kaufprogramm um sechs Monate verlängerte. Dies führte dazu, dass die EZB an Glaubwürdigkeit verloren hat.

Warum ist der Euro dann aber gestiegen?

Das Verkaufsinteresse rund um den Euro intensivierte sich zunächst, nach dem die EZB überraschend alle ihre Schlüsselsätze senkte und sogar das Kaufprogramm ausweitete. Im Normalfall werden Änderungen am Anleihekaufprogramm erst mit der Pressekonferenz bekannt gegeben - diesmal war aber alles anders und der Euro stürzte ab.

Als Mario Draghi dann aber die große Bühne betrat und erklärte, dass er aktuell keinen Grund sehe, die Zinsen weiter zu senken, erhöhte sich das Kaufinteresse rund um die Einheitswährung. Nichtsdestotrotz versicherte „Super Mario“ den Märkten, dass die Zinsen auch nach dem Ende des Kaufprogramms auf dem niedrigen Niveau bleiben werden und dass das QE-Programm bis März 2017 oder länger laufen soll. Da aber die Chance auf eine weitere Lockerung der Geldpolitik merklich zurückgegangen ist, erhöhte sich die Nachfrage nach Euros.

Was kommt als Nächstes?
Outlook

Mario Draghi erwartet, dass die Inflationsrate noch für einen längeren Zeitraum „sehr niedrig“ bleiben dürfte und auch das die Zinsen wahrscheinlich noch lange im negativen Bereich verharren werden.

Alles im Allem spekulieren die Investoren darauf, dass die EU-Währungshüter ihren Werkzeugkasten ausgeschöpft haben, oder sie hoffen darauf, dass das jüngste Maßnahmenbündel endlich die erhofften Effekte mit sich bringt.

Bis die Wirtschaftsindikatoren der Eurozone nicht deutlich nach oben zeigen, oder die Europäische Zentralbank Hinweise auf eine weitere mögliche Lockerung der Geldpolitik gibt, dürfte der Euro gegenüber seinen Rivalen seitwärts notieren.

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