Analysen

Brexit Abstimmung Preview: 3 Szenarien für das Ergebnis und die möglichen Reaktionen des GBP/USD

  • UK Parlament wird am 11. Dezember über den Brexit Deal abstimmen
  • Unsicherheit ist hoch, während die Regierung wahrscheinlich nicht gewinnt
  • Es gibt 3 Szenarien und somit 3 verschiedene Reaktionen für das GBP

Fast zweieinhalb Jahre, nachdem sich die Briten mit einem Referendum dafür entschieden haben die Europäische Union zu verlassen, wurde eine Einigung erzielt, welche nun jedoch durch das Parlament bestätigt werden muss.

Das britische Unterhaus hat bereits mit der Debatte über den Premierminister Theresa May Deal begonnen. Die Diskussion wird am Dienstag den 11. Dezember in einer Abstimmung enden. Die genaue Uhrzeit ist bisher unbekannt.

Das Ergebnis der Abstimmung wird erhebliche Auswirkungen auf die britische Wirtschaft und auch auf einige Länder der Eurozone haben. Für das Pfund ist mit einer sehr hohen Volatilität zu rechnen und so dürfte auch der Euro entsprechend reagieren.

Gespaltenes Parlament

Die regierende konservative Partei verfügt nicht über die absolute Mehrheit und die Unterstützung der DUP ging ebenfalls verloren. Die 10-köpfige nordirische Partei lehnt das Abkommen zum irischen Backstop ab, da dieser der Region einen anderen Status geben wird, als es für den Rest von UK der Fall ist.

Selbst einige Mitglieder aus der eigenen Partei der Premierministerin, sind gegen das Abkommen. Die Brexit Verfechter kritisieren die Abhängigkeit Großbritanniens von den EU-Regelungen und erklären, dass Großbritannien zu einem „Vasallenstaat“, wird, anstatt die Kontrolle zu übernehmen. Es sind im Deal auch die Worte „in der Zollunion auf eine unbestimmte Zeit zu bleiben“ enthalten, was nicht dazu beiträgt die Bedenken auszuräumen.

Die Oppositionsparteien kündigten ebenfalls an den Deal abzulehnen. Die Labour Partei stützt sich auf die wirtschaftlichen Prognosen, welche davon ausgehen, dass UK unter sämtlichen Brexit Szenarien schlechter dastehen wird. Einige Mitglieder der wichtigsten Oppositionspartei könnten sich jedoch für die Haltung der Regierung entscheiden.

Die Liberaldemokraten sind für Europa und sie wollen, dass UK in der EU bleibt. Auch die Scottish National Party (SNP) unterstützt den Verbleib in der Europäischen Union und besonders besorgt ist man über den Sonderstatus Nordirlands.

3 Szenarien

Der 1. Tag der Debatte fand am Dienstag dem 4. Dezember statt und die britische Regierung wurde mit 3 Stimmen geschlagen. Wenn die Parlamentarier den Deal ablehnen, werden sie über die nächsten Schritte entscheiden müssen. Sollte die Mehrheit für einen Verbleib in der Europäischen Union sein, wird das Pfund positiv reagieren. Der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs sagte, dass UK den Art. 50 einseitig widerrufen und damit Brexit rückgängig machen kann.

Die Möglichkeit für dieses Ereignis ist jedoch gering, da sich das Parlament wahrscheinlich nicht gegen das Ergebnis des EU Referendums stellen will.

Laut den öffentlichen Statements ist der Deal zum Scheitern verurteilt. Wir wissen jedoch alle, dass in der Politik nichts sicher ist und selbst wenn das Unterhaus den Deal ablehnt, so wird der Umfang der Niederlage darüber entscheiden, wie die nächsten Schritte und die Reaktion der Währung aussehen werden.

Hier die drei Szenarien

      1. Deal wird mit kleinem Vorsprung abgelehnt

Wie bereits erwähnt, reicht die öffentliche Stimmung aus, um gegen den Deal zu stimmen. Außerdem unterlag die Regierung bereits in der Verfahrensabstimmung. Es besteht jedoch eine gute Chance, dass May genügend Loyalisten mobilisiert, damit es lediglich zu einer knappen Niederlage kommt.

In diesem Szenario werden der GBP/USD und die Aktienmärkte deutlich fallen, aber es wird zu keinem vollständigen Kollaps kommen. Dieses Szenario ist bereits teilweise eingepreist. Die Premierministerin wird dann nach Brüssel zurückkehren, um einen besseren Deal auszuhandeln. Nach schnellen und intensiven Gesprächen, wird sie dann mit kleineren Optimierungen zurückkehren.

Die Angst vor einem größeren Crash des Marktes, vor Neuwahlen und dass einige Parlamentarier ihren Sitz im Parlament verlieren, ändert so manche Einstellung. Eine 2. Abstimmung zum geänderten Deal wird dann stattfinden und diesmal kommt es zu einem kleinen Sieg. Das Pfund Sterling und die Aktien erholen sich.

Viele konservative Abgeordnete haben Angst vor Neuwahlen, da Jeremy Corbyn an die Macht kommen würde. Damit dürfte es ihnen leichter fallen sich einem Sinneswandel hinzugeben, wenn es Änderungen beim Deal gibt. Von der DUP ist zu erwarten, dass auch ein zweiter Deal abgelehnt wird, aber vielleicht nehmen die Labour Rebellen zu, damit der May Deal die Ziellinie erreicht.

Es besteht jedoch auch die Möglichkeit, dass die 2. Abstimmung erneut scheitert. Die Chance ist niedrig, führt uns aber direkt zum 2. Szenario.

Wahrscheinlichkeit: Hoch

GBP/USD Reaktion: Achterbahn, fällt erst nach unten und steigt dann wahrscheinlich

2. Deal wird mit überwältigender Mehrheit abgelehnt

In diesem Szenario wird es für die Regierung schwer, besonders nach dem May die Torries nicht davon überzeugen konnte für sie zu stimmen. Hinzu kommt eine Labour Klatsche, da sich nur sehr wenige Mitglieder gegen ihre Partei und für die Regierung entscheiden.

Das Ergebnis ist eine Niederlage mit weit mehr als 50 Abgeordneten, vielleicht sogar bis zu 100. Ein solches Ergebnis wird May in eine gefährliche Position bringen, da man sie auffordern wird ihren Rücktritt einzureichen. Der Grad der Unsicherheit erreicht extreme Niveaus und so könnten das Pfund und die Aktien in den freien Fall übergehen.

Die Abgeordneten werden dann über die nächsten Schritte entscheiden, aber wie erwähnt, gibt es keine gemeinsame Basis und es entstehen drei Unterszenarien.

Je länger die Unsicherheit anhält, je größer werden die Verluste sein.

2a) Wahlen ohne Fortschritte beim Brexit

Es gibt für dieses Szenario verschiedene Ergebnisse, wobei das wahrscheinlichste eine Parlamentswahl sein dürfte. Damit nimmt die Phase der Unsicherheit zu. Hinzu kommt, dass die oppositionelle Labour Party gute Chancen hat zu gewinnen. Die Aussichten, dass Jeremy Corbyn in die Downing Street 10 einzieht wird die Märkte nicht erfreuen.

Während der Wahlkampf weiter geht, ticken die Uhren unaufhörlich in Richtung 29. März 2019, dem Brexit Tag. Ohne einen Deal wird UK ohne ein Abkommen aus der EU austreten. Die Aussichten auf einen harten Brexit nehmen zu und der GBP/USD könnte neue Tiefs erreichen.

2b) Ein zweites Referendum

In einem zweiten Unterszenario, welche eine breite Ablehnung des Deals beinhaltet, könnten sich die Abgeordneten dazu entscheiden ein 2. Referendum abzuhalten. Fraglich ist jedoch, über was genau dann abgestimmt werden wird. Deal oder No-Deal? Deal oder kein Brexit? Oder beides?

Auf jeden Fall würde ein 2. Referendum den Druck auf das Pfund erhöhen.

2c) Aufhebung des Artikel 50

Die meisten Abgeordneten sind für Neuwahlen, wollen den Willen des Volkes aber respektieren. In dem politischen Chaos könnten sie beschließen den Art. 50 zu widerrufen und Brexit zumindest vorübergehend rückgängig zu machen, um so für Ruhe zu sorgen. Sie werden sich jedoch verpflichten den Brexit, nach einer ernsthaften Debatte und Neuwahlen, geordneter fortzusetzen.

Neuwahlen bedeuten zwar Unsicherheit, aber die Absage von Brexit wird wahrscheinlich dazu führen, dass sich die Märkte beruhigen und es zu einer starken Erholung kommt. Das Sterling könnte so neue Hochs erreichen.

Dieses Szenario einer deutlichen Niederlage, wäre für den GBP/USD zunächst negativ und die Verluste sollten sich höchstwahrscheinlich verschärfen. Nur wenn die Abgeordneten entscheiden den Brexit rückgängig zu machen, kann der Sterling steigen.

Wahrscheinlichkeit: Mittel

GBP/USD Reaktion: Absturz, es sei denn, die Abgeordneten planen umgehend den Art. 50 zu widerrufen

3. Der Deal wird überraschend genehmigt

Die Premierministerin wird auf viel Widerstand stoßen, wenn sie den Brexit Deal im Parlament verkauft. Sie wird sich keine Gelegenheit entgehen lassen, um vor der Öffentlichkeit und dem Parlament zu sprechen, wo sie jeweils mit Detailwissen glänzen kann. Ihre Beharrlichkeit kann einige Tory Anhänger vom Deal überzeugen, so dass sich diese nicht mehr gegen das Brexit Abkommen stellen.

Die Angst vor Neuwahlen und der Verlust des Sitzes im Parlament, kann so manche Meinung beeinflussen. Selbst die Anwärter auf die PM May Nachfolge könnten es vorziehen für den Brexit Deal abzustimmen, um ihr dann die Schuld an dem Desaster zu geben.

Auch die Labour Rebellen könnten taktieren und vorerst mit dem Brexit leben, anstatt gegen den Willen des Volkes zu handeln. Sie würden es ihren Tory Kollegen gleichtun und sich das Säbel rasseln für die Zeit nach Brexit aufsparen. Die Schuld über eine Enttäuschung des Deals, würde ohnehin der Regierung in die Schuhe geschoben werden.

In einem Szenario mit einer klaren Mehrheit für den Deal, würde der GBP/USD stark zulegen, zumal dieses Szenario nicht eingepreist ist. Die große Unsicherheit wird von einem Moment auf den nächsten überwunden, zumindest bis zum Ende der Übergangsphase, welche Ende 2020 ausläuft.

Die Wahrscheinlichkeit für dieses Szenario ist gering, aber sollte dieses eintreten, wird es zu einer massiven Erholung des Sterlings kommen.

Wahrscheinlichkeit: Niedrig

GBP/USD Reaktion: Starker Anstieg

Fazit

Die Brexit Abstimmung findet am 11. Dezember statt und sie wird über die Zukunft des Vereinigten Königreichs, der Wirtschaft und des Pfunds entscheiden. Das wahrscheinlichste Szenario ist eine kleine Niederlage der Regierung, gefolgt von einer Optimierung des Deals. Das Pfund wird wahrscheinlich fallen, sich anschließend aber erholen.

Eine weitere Möglichkeit ist eine große Niederlage, die zu Neuwahlen und/oder einem 2. Referendum führen kann. Das Pfund würde stark unter der enormen Unsicherheit zu leiden haben. Die Abgeordneten könnten den Art. 50 widerrufen, was das Pfund erheblich stärken sollte.

Das 3. und unwahrscheinlichste Szenario ist, dass May genügend Unterstützung erhält, um den Deal abzuschließen. Dieses unwahrscheinliche Szenario würde das Pfund in die Höhe schnellen lassen, da dieses Szenario überhaupt nicht eingepreist ist.

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